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Bei
der Anlage des Hargarter Kalkofens bevorzugte
man die mit Sandsteinen gemauerte und in einen
Abhang gebaute Trichterform, um das Gewicht
der Ofenfüllung zu einem nicht unerheblichen
Teil seitlich auf die Ofenwandung zu verlagern.
Die Hanglage ermoeglicht eine ebenerdige Füllung
und auch eine ebenerdige Ausleerung des Kalkofens.
Der Kalkofen mit einer Gesamthöhe von 2,50
m besteht aus zwei Kammern: der oberen grossen
Brennkammer (Ofensohle ca. 1,00 m und Ofenmündung
ca. 2,00 m Durchmesser) und der unteren Luftkammer.
Die untere Luftkammer, durch ein Mundloch einsehbar,
dient lediglich der Luftzufuhr. Die Brennkammer
wird sowohl mit Brennstoff als auch mit Kalksteinen
gefüllt. Sie verfügt über ein
Fassungsvermögen von ca. 4 Kubikmetern.
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Vor
dem Füllen der Brennkammer setzte
man oberhalb des Mundlochs Wagenachsen
oder Bandeisen als Rost ein. Auf den Rost
warf man Stroh und Reisig. Danach stieg
der Kalkbrenner auf einer Leiter in den
Ofenschacht, ordnete Stroh und Reisig
und legte Holzscheite darauf. Auf sein
Geheiss schütteten Helfer Koks (früher
Steinkohle), der eine hohe Temperatur
erreicht, in den Schacht. Danach brachten
sie in Körben Kalksteine, die vorher
auf eine Korngrösse von 10 bis 30
cm zerkleinert wurden, und leerten sie
vorsichtig aus. Der Kalkbrenner stand
während der gesamten Füllung
des Schachtes im Ofen und setzte die Steine
sorgfältig aufeinander. Er ordnete
Brennstoff und Brenngut schichtweise aufeinander.
(Fielen Steine unkontrolliert herab und
drohten ihn zu verletzten, dann tobte
er "wie e Mann im Kalkowen"!)
Die Kunst des Kalkbrennens bestand darin,
die richtige Mischung von Brenngut (Kalksteine)
und Brennstoff (Koks) zu finden. |
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Bei
günstiger Witterung wurden Stroh und Reisig
vom Kalkbrenner durch das Mundloch angezündet.
Das Feuer frass sich von unten nach oben durch,
vorangetrieben durch die meh oder minder starke
Luftströmung und die Sogwirkung der heissen
Ofenluft. Eine auf die Füllung nun ausgebreitete
Sand- oder Lehmschicht sorgte für ein gleichmässiges
Erhitzen der Kalksteine. Bei einer Temperatur
von 900 - 1200 Grad sollten die Kalksteine nur
durchglühen, um eine optimale Ausbeute
des Branntkalkes zu erreichen. Der Brandvorgang
dauerte, je nach Grösse des Ofens, mehrere
Tage. |
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Nach
der vollständigen Abkuehlung ( 1-2
Tage ) wurde der Ofen von unten entleert.
Man entfernte vorsichtig den Eisenrost,
so dass die gebrannten Kalksteine nach
und nach auf die Ofensohle herabfielen
und die Beschickung nach unten rutschte.
Die noch festsitzende Fuellung wurde durch
Stossen in Bewegung gebracht. Pferdefuhrwerke
transportierten den gebrannten Stückkalk
zu Abnehmern, die ihn zum Hausbau, zum
Wandanstrich und zum Düngen benötigten. |
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Kalksteine
werden also nicht gebrannt, sondern durchgluehen
ab der oben erwaehnten Temperatur von 900 Grad
Celsius. Dabei wird dem Kalkstein ( Calciumcarbonat
= CaCO3) Kohlendioxid (= CO2) entzogen. Bei
der Zersetzung entsteht Branntkalk (Calciumoxid
= CaO). Wird der Branntkalk "geloescht",
also mit Wasser begossen, entsteht Loeschkalk
(Calciumhydroxid= Ca(OH)2). Um Moertel fuer
den Hasubau herzustellen, vermischt man Sand
und Loeschkalk im Verhaeltnis 3:1 mit Wasser.
Trocknet der Moertel, gibt er wieder Wasser
ab und nimmt gleichzeitig Kohlendioxid aus der
Luft auf. Aus dem Bindemittel Moertel wird so
wieder Kalkstein: der Kalkkreislauf: Stein wird
wieder zu Stein!
Der
Heimat- und Kulturverein hat im alten Merziger
Weg 1997 einen ehemaligen Kalkbrennofen restauriert.
Im Sommer 2002 fanden Brennertage statt, bei
denen Kalk nach der alten Methode gebrannt wurde.
Das
Know-how des Heimat- und Kulturvereins ist inzwischen
auf bundesweites Interesse gestoßen. So
hat die Limburger Bauhandwerks-Innung den Hargarter
Kalkofen als Vorbild für einen eigenen
Nachbau genommen. Mehr dazu auf der folgenden
Seite!
Kalkofen
winterfest gemacht |
Am
letzten Wochenende des Septembers 2015 trafen
sich einige Vorstandsmitglieder und heimatliebende
Mitbürger, um noch vor dem Winter dringende
Unterhaltungsarbeiten rund um den Kalkofen zu
erledigen.
Der Kalkofen wurde im Innenbereich gereinigt, Abgrenzungsstangen
um den Kalkofen wurden erneuert und das Kreuz und dort aufgestellte
historische Grenzsteine gesäubert. Ein das Kreuz und
die vorbeiführende Straße gefährdender Baum
wurde entfernt, weitere kleinere Bäume ,Sträucher
und Hecken wurden geschnitten, die morschen Holzpfähle
des Außenzauns erneuert und die Bretter mit Holzlasur
winterfest gemacht. Das gesamte Gelände um den Kalkofen
wurde so wieder in einen vorzeigbaren Zustand gebracht.
Drei
Bäume zur Erinnerung an die Hargarter Kalkbrenner
Auf dem Kalkofengelände musste der Bauhof
der Gemeinde Beckingen drei morsche Weidenbäume
entfernen. Dies nahm der Heimat- und Kulturverein
zum Anlass eine Ersatzpflanzung zu Ehren der
damaligen Hargarter Kalkbrenner bei der Gemeinde,
die Pächterin dieses Geländes ist,
zu beantragen. Forstwirt Jürgen Schmal
und der Naturschutzbeauftragte Winfried Minninger
empfahlen einen Kastanienbaum, einen Nussbaum
und eine Linde neu zu pflanzen.
Am
Sonntagmorgen, dem 24. April 2016, folgte ein
kleiner Wintereinbruch dem frühlingshaften
Wetter der Vortage; es war wieder empfindlich
kalt und kühl, jedoch blieb der Schnee
oder Regen erfreulicherweise aus. - Jedoch wegen
des Arbeitsaufwandes pflanzten einige Vereinsmitglieder
den Kastanien-und Nussbaum bereits zwei Tage
vorher.-So kamen am Sonntagmorgen zahlreiche
Besucher, Freunde und Gönner des Vereins
in angemessener Kleidung, um der Lindenbaumpflanzung
beizuwohnen.
Vorsitzender Helmut Lubitz ging in seiner Begrüßung
besonders auf die Restaurierung dieses Kalkbrennofens
ein, der 1996/97 als einer der sechs Kalkbrennöfen
in diesem Bereich mit Unterstützung des
Maurermeisters Norbert Neisius wieder runderneuert
ans Tageslicht geriet. Im 19. und zu Beginn
des 20. Jahrhunderts war Kalkbrennen eine bedeutende
Erwerbsquelle für die Hargarter; es gab
bis zu 14 Kalkbrennöfen in Hargarten. Wie
der Vorsitzende weiter ausführte, waren
die Kalkbrenntage im Juni 2002 die Gelegenheit,
den „letzten“ Kalkbrennern Josef
Rein und Emil Reiber, der inzwischen verstorben
ist, beim Kalkbrennen zuzusehen, denn sie hatten
in jungen Jahren mit ihren Familien noch dieses
Handwerk ausgeübt. Das mit dem Kalkbrennen
verbundene Fest
fand damals große Resonanz über die
Kreisgrenzen hinaus.
Zur Erinnerung an alle ehemaligen Kalkbrenner
in Hargarten legte sodann Josef Rein symbolisch
unter Beifall der Besucher eine Urkunde dem
Wurzelwerke der Linde bei. Lobenswerte Worte
für die Arbeit des Heimat- und Kulturvereins
fanden der 1. Beigeordnete der Gemeinde Daniel
Minas und der Naturschutzbeauftragte Winfried
Minninger.
Anschließend lud der Heimat- und Kulturverein
noch alle Besucher zu einem Frühschoppen
bei Freibier und Lyoner ein.
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Text
und Fotos: H.Lubitz
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