Hargarter
Betriebe aus vergangenen Zeiten...
An dieser Stelle wollen wir, in loser Folge,
ehemalige Hargarter Betriebe vorstellen, an
die sich manche noch erinnern, die andere nur
noch vom Hörensagen kennen. Sie sind auf
jeden Fall ein Stück Dorfgeschichte, das
nicht in Vergessenheit geraten soll. Hier nun
die Geschichte der "Wirtschaften"
in Hargarten:
Gastwirtschaft
Wilbois
Bevor über die Geschichte der Gastwirtschaft
Wilbois berichtet wird, sollte man zunächst
einen Blick in die Dorf-/Schulchronik der Gemeinde
Hargarten werfen. Dieser Chronik ist zu entnehmen,
dass bereits im Jahre 1852 in der Scheune des
Nikolaus Jakobs Schulunterricht erteilt wurde.
Daneben befand sich auch eine Wirtschaft und
Branntweinbrennerei. Die Scheune befand sich
neben dem heutigen Bourgeois-Haus und dem „Haargarten“
der Familie Mosbach. 1892 brannte das Anwesen,
so auch die Gastwirtschaft, ab. Auch ist im
Gewerbearchiv von einer Gastwirtschaft Nikolaus
Minas, die bis zum 31.1.1879 betrieben wurde,
zu lesen.
Doch nun zur Geschichte der Gastwirtschaft Wilbois.
Das Gebäude der Gastwirtschaft/Gasthauses
Wilbois wurde 1903 von Johann Rein-Otto erbaut.
Zur gleichen Zeit wurde dort ein Gasthaus eingerichtet,
das Johann Rein 1905 eröffnete. Der untere
Teil des Gebäudes (heute Wohnhaus der Familie
Adolf) diente als größerer Versammlungsraum.
Der Eingang zu diesem Versammlungsraum führte
vom Nebenzimmer der Gaststätte zum Nachbargebäude.
Peter Schneider übernahm im Jahre 1911
die Gaststätte von Johann Rein und verkaufte
den oberen Teil des Anwesens (Gasthaus mit Saal)
1938 an Josef Wilbois, der die Gaststätte
ab 16.11.1938 anmeldete. Nachdem Josef Wilbois
aus dem letzten Weltkrieg nicht mehr heimkehrte,
wurde die Gaststätte von seiner Ehefrau/Witwe
Maria Wilbois und später auch von ihrem
neuen Ehemann Matthias Wilbois (Bruder des verstorbenen
Josef Wilbois) weitergeführt. Die Kinder
Erika Schumacher geb. Wilbois und anschließend
Raimund Wilbois übernahmen später
das Gasthaus.
Ab 1986, nachdem Raimund Wilbois verstorben
war, erlebte die Gaststätte mehrere Konzessionsinhaber.
Die letzte Konzessionsinhaberin und Gastwirtin
war Nora Bies, die die Gastwirtschaft Wilbois
am 24.12.2008 abmeldete. An diesem Tag endete
die über hundertjährige Geschichte
unserer Dorfwirtschaft, die bereits seit 1980
die einzige Gaststätte in Hargarten war.
Saal und Kegelbahn
1920 wurde wie bereits erwähnt, im hinteren
Bereich des Gasthauses ein Saal angebaut. Neben
diesem Saal, im rückwärtigen Gartenbereich
des heutigen Anwesens Adolf, baute man eine
Kegelbahn, die, wie man von Zeitzeugen hört,
ein Anziehungspunkt für die Hargarter,
insbesondere die Jugend, war. Kinder konnten
sich durch das Aufstellen der Kegeln ein Taschengeld
verdienen.
Bedeutung der Gastwirtschaft
für die Bevölkerung
Die Gastwirtschaft stellte von je her für
die Bevölkerung ein Kommunikationszentrum
dar. Hier fanden Gesangsproben, Vereinssitzungen
und gesellige Abende statt. Familienabende der
Vereine, Theater, Fastnachts- und Kirmesveranstaltungen,
Hochzeiten, Beerdigungsfeiern usw. wurden im
Saal durchgeführt, der bei bestimmten Veranstaltungen
bis auf den letzten Platz belegt war. Einige
Jahre war unter der Bühne zur Fastnachtszeit
auch eine „Sektbar“ eingerichtet.
Der Saal diente auch ab dem Jahre 1949 (Gründungsjahr)
bis 1977 als „Sportstätte“
für die Spiel- und Sportvereinigung, auch
Tischtennisverein genannt. Hier wurden fast
30 Jahre spannende Tischtennisspiele ausgetragen,
zumal man 25 Jahre in der höchsten saarländischen
Spielklasse (Landesliga) vertreten war. Die
Säle waren allgemein die Vorgänger
der heutigen Vereins- und Bürgerhäuser.
Die Gasthäuser waren ein wichtiger Treff
für das dörfliche Leben.
Während des 2. Weltkrieges
Während des 2. Weltkrieges wurden die Kriegsgefangenen,
die tagsüber, insbesondere bei den Hargarter
Bauern zur Arbeit eingesetzt waren, im Saal
untergebracht. Auch eine „Schreibstube“
der Wehrmacht war im Gasthaus eingerichtet.
Vor dem Gasthaus befand sich eine „Panzersperre“.
Öffnungszeiten
- Genehmigungen
Die Gaststätten waren überall in den
Dörfern bereits morgens ab 8.00 Uhr geöffnet.
Die Sperrstunde war von der Behörde auf
24.00 Uhr, später 01.00 Uhr, festgesetzt.
Bei bestimmten Anlässen wie z.B. Kirmes
oder Fastnacht konnte diese gegen Entrichtung
einer Gebühr bis auf höchstens 03.00
Uhr hinausgeschoben werden. Bis zum Jahre 1980
benötigte der Gastwirt bei der Durchführung
von Tanzveranstaltungen eine gesonderte Erlaubnis
der Ortspolizeibehörde. Auch musste der
Gastwirt im Einvernehmen mit der Behörde
einen wöchentlichen Ruhetag einhalten.
Ab den 1950er Jahren wurde im Gasthaus Wilbois
Saarfürst-Bier ausgeschenkt. Vorher war
die Becker-Brauerei der Bierlieferant.
Quellenangabe: Gewerbeunterlagen,
Dorf-/Schulchronik, Privatchronik, Zeitzeugen
Text:Herbert Dewes
Einige Eindrücke von der Stimmung beim
WILBOIS
Gasthaus Puhl - ein Dorfgasthaus
im Oberdorf
Ausweislich
des amtlichen Gewerberegisters meldete Paul
Puhl-Rein am 23.5.1919 eine Gastwirtschaft an.
Eine weitere Anmeldung als Gastwirtschaft ist
auf den 12.1.1922 datiert. Ob die Gaststätte
bereits kurz nach dem ersten Weltkrieg bestanden
hat, kann nicht mehr geklärt werden.
Paul Puhl, ein gebürtiger Oppener, und
seine Ehefrau Katharina geb. Rein waren jedenfalls,
laut Gewerberegister, ab Januar 1922 Inhaber
der Gastwirtschaft Puhl.
Im Jahre 1925 wurde ein Saal angebaut. Hiervon
zeugt auch ein über einem Saalfenster in
Sandstein gemeißeltes Fässchen mit
der Jahreszahl 1925. Mit dem Anbau eines Saales
bestand für die Hargarter Vereine, neben
dem Saal des Gasthauses Wilbois, eine weitere
Versammlungsstätte zur Durchführung
von Vereinsaktivitäten. Die Vereine bemühten
sich, ihre Veranstaltungen abwechselnd in der
einen oder der anderen Gaststätte abzuhalten,
somit bereitete die Konkurrenzsituation kaum
Schwierigkeiten. Was die Nutzung der Gaststätte
und des Saales durch Vereine und Privatpersonen
betrifft, wird auf den Bericht zum Gasthaus
Wilbois verwiesen.
Im Oktober 1953 erfolgte die Übergabe der
Gaststätte von Paul Puhl an seine Tochter
Martha Konderla geb. Puhl. Am 30.9.1968, also
nach 15 Jahren, meldete Martha, inzwischen verheiratete
Müller, die
Gaststätte ab. Die Gaststättentradition
blieb jedoch weiterhin erhalten, denn zum 1.
Oktober 1968 wurde das Gasthaus Puhl von Gertrud
Puhl, einer Schwägerin von Martha, übernommen.
Josef Puhl, Ehemann von Gertrud, war als „Bierkutscher“
(Pferdegespann) bei der Saarfürstbrauerei
in Merzig beschäftigt. „Goddi“
Bies aus Hargarten saß lange Jahre mit
ihm auf dem Bierwagen. Mit seinem Akkordeon
sorgte Gottfried stets für gute Stimmung
in den Gaststätten und bei sonstigen öffentlichen
oder privaten Feiern.
Im
Gasthaus Puhl war, soweit bekannt, das erste
Fernsehen in der Gemeinde Beckingen aufgestellt.
Heute erzählen noch Leute im Haustadter
Tal, wie sie während der Fußballweltmeisterschaft
1958 in Schweden nach Hargarten in den vollbesetzten
Saal kamen, um die Spiele live zu erleben. Toni
Müller (Ehemann von Martha geb. Puhl) war
ein engagierter Hobby-Techniker, der seinerzeit
das Fernsehen im Gasthaus aufstellte, wo auch
sonntags nachmittags die Kinder zuschauen durften.
Am 15. August 1980 wurde das Gasthaus Puhl abgemeldet.
Somit war auch die Tradition dieser Dorfgaststätte
beendet. Das Anwesen wurde verkauft. Der umgebaute
Saal wird seither als Autowerkstätte betrieben,
heute durch die Firma Sven Langenfeld.
Gasthaus Franz Austgen - die
„jüngste“ Gaststätte in
Hargarten
Am
Dorfeingang, „Auf der Schwierz“,
wurde zur Anna-Kirmes 1961 ( 29. Juli 1961 Tag
der Anmeldung) durch Franz Austgen eine Gaststätte
eröffnet. Franz Austgen betrieb auch eine
Landwirtschaft und war zudem lange Jahre für
die Stierhaltung in Hargarten zuständig.
Die
Gastwirtschaft betrieb er nebenberuflich. Franz
Austgen stammte aus Wahlen und war mit Maria
geb. Jakobs aus Hargarten verheiratet.
Es war eine kleine Gaststätte mit einem
Nebenzimmer. Während die Gaststätten
Wilbois und
Puhl „Saarfürst-Bier“, wie
die meisten Gastwirtschaften in der Region,
im Ausschank hatten, war die Gaststätte
Austgen Vertragspartner der „Caspary-Brauerei“
in Trier, die schon seit vielen Jahren nicht
mehr besteht.
In Erinnerung bleibt das Sängerfest des
MGV „Liederkranz“ Hargarten im Jahre
1965 in der Wiese (heute Pferdekoppel) gegenüber
dem Wohnhaus Austgen. Zu
diesem Fest wurde ein Festzelt aufgestellt.
Getränkelieferant und Festpartner waren
Franz Austgen und die Caspary-Brauerei. Nach
über zehn Jahren wurde der Betrieb der
Gaststätte eingestellt.
Im Sommer 1983 wurde das Wohnhaus mit Stallgebäude
von einem Großbrand heimgesucht. Auch
der Gaststättenraum war hiervon betroffen.
Heute befinden sich in der ehemaligen Gaststätte
und dem früheren Stall- und Scheunengebäude
mehrere Wohnungen.
Fotos: HKV
Quellen: Gewerberegister, Zeitzeugen - Fotos:
HKV und Privat
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