Die "Vettersch"...
Schmiede- und Schlossereibetrieb Vetter
Schon in unseren Berichten über die Feldschmiede
bzw. das Herbstfest an der "Alten
Schmiede" wurde deutlich, dass der Schmied
im Dorf eine wichtige Tätigkeit ausübte
- nicht nur in Hargarten. Er arbeitete eng mit
dem Wagner, Wagenbauer oder Stellmacher zusammen.
Er war für die Eisenbe- und –verarbeitung
zuständig. Bei der Landwirtschaft waren
es der Hufbeschlag für Pferde und Kühe,
Hufnägel, Eisenreifen für die Holzfelgen
an den Ackerwagen, Pflugschare, Eggenzähne,
Sensen, Hacken, Sielscheide und sonstige Arbeiten
für landwirtschaftliche Geräte. In
den Steinbrüchen wurden Bohrstangen, Grändel,
Zweispitz, Meisel, Vorschlaghämmer und
Eisenkeile benötigt. Auch hier leistete
der Dorfschmied seine Dienste.
Wie kam der Dorfschmied Franz
Vetter nach Hargarten ?
Franz Vetter aus Reipoltskirchen in der Pfalz
ging nach seiner Meisterprüfung auf die
Walz und fand im Jahre 1913 in Hargarten Arbeit
in der Schmiede Ludwig (neben der heutigen Fahrschule
Gerd Schäfer). Franz hatte mehrere Geschwister.
In der Familie war es laut Ahnenforschung üblich,
dass der älteste Sohn den Namen Franz erhielt
und Schmied wurde. Hier in Hargarten lernte
er Anna Bourgeois kennen. 1914 musste er in
den ersten Weltkrieg, von wo er 1918 wieder
heimkehrte. Nachdem er im Jahre 1919 Anna Bourgeois
geheiratet hatte, kehrte er wieder nach Reipoltskirchen
in den elterlichen Betrieb zurück.
Hargarter Schmiede war verwaist
Nachdem der Hargarter Dorfschmied Ludwig nach
Hayingen/Lothringen verzogen war, stand die
Schmiede leer und war verwaist. In Haustadt
wurde eine Schmiede geschlossen und die ganze
Einrichtung wurde zum Verkauf angeboten. Alois
Bourgeois, ein Schwager von Franz, kaufte die
ganze Einrichtung und brachte sie nach Hargarten
in die alte Schmiede. Franz kam aus der Pfalz
zurück und übernahm die Schmiede.
So waren die Hargarter Bauern und Steinbrecher
wieder „versorgt“.
Franz Vetter baute neue Schmiede
Im
November 1923 eröffnete Franz Vetter eine
neue Schmiede, die er zusammen mit dem Wohnhaus
gebaut hatte. Die Schmiede wurde sehr gut angenommen.
Es gab keinen guten Hufschmied in der ganzen
Gegend und so kam Kundschaft aus den umliegenden
Orten zu ihm nach Hargarten und gaben auch andere
Arbeiten in Auftrag. In der Schmiede wurden
einige Gesellen beschäftigt, auch einer
aus der Pfalz. Außerdem wurden Lehrlinge
im Schmiedehandwerk ausgebildet. Seine drei
Söhne hatten bei ihm das Handwerk des Hufschmiedes
erlernt. Der einheimische Stellmacher
und Küfer Jakob Kerber lieferte die Holzrohlinge
an die Schmiede zum Weiterbearbeiten.
Übergabe des Betriebes an
Sohn Paul Vetter
Im
Jahre 1951 erfolgte die Betriebsübergabe
an Paul Vetter, der seine Meisterprüfung
im Schmiedehandwerk beim Militär abgelegt
hatte. Zunächst wurde in der alten Schmiede
weitergearbeitet. Mitte der 1950iger Jahre baute
Paul V. hinter seinem Wohnhaus eine neue Schmiede.
Weil die Landwirtschaft nach und nach an Bedeutung
verlor und weniger Aufträge reinkamen,
entwickelte sich die Schmiede mehr und mehr
zur Schlosserei. Bei Paul Vetter konnte man
aber auch industriell hergestellte Acker- und
Arbeitsgeräte bestellen. Gesellen und Lehrlinge
waren weiterhin in seinem Betrieb beschäftigt.
Gewerbebetrieb in „Vetter GmbH“
umgewandelt
Am
1.1.1977 wurde der Gewerbebetrieb Paul Vetter
in die „Vetter GmbH“ umgewandelt.
Bis zum Jahre 2006 wurde die Schlosserei Metallbau
Vetter, zuletzt von Inhaber Reinhold Hoff und
Alfons Becker aus Rissenthal, betrieben. Es
waren mehrere Mitarbeiter beschäftigt.
Das Unternehmen hatte sich auf die Herstellung
von Fensterrahmen und Türen aus Leichtmetall,
vor allem Aluminium, spezialisiert. Die lange
Ära der Dorfschmiede/Schlosserei Vetter
ging 2006 zu Ende.
Heimat- und Kulturverein ließ
die Dorfschmiede wieder aufleben
Die alte Dorfschmiede, die jahrzehntelang stillstand,
wurde mit Unterstützung der heutigen Eigentümerin
Birgit Vetter durch den HKV wieder hergerichtet
und im Rahmen eines Herbstfestes mit Herbstmarkt,
unter Teilnahme aller Hargarter Vereine, am
28.9.2008 der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die alte Schmiede befindet sich mit ihren Werkzeugen,
Maschinen und Geräten noch in ihrem ursprünglichen
Zustand.
Mehr über das Herbstfest und die Dorfschmiede
kann man hier
erfahren.
Quellen: Gewerbeunterlagen –
Chronik – Heimatbuch – SZ-Bericht
Sept.2008 Norbert Becker – „Meine
Erinnerungen“ Anni Schuler geb. Vetter
– Zeitzeugen.
Fotos: Privat
Gemischtwarengeschäft Vetter
- ein Geschäft im Unterdorf
Wie
der Name vermuten lässt, gehörte auch
das Gemischtwarengeschäft zum kleinen "Firmenimperium"
der Familie Vetter. Franz Vetter, der Hargarter
Dorfschmied aus der Pfalz, meldete am 27. Oktober
1930 beim Bürgermeisteramt in Haustadt
ein Kolonialwarengeschäft an. Der
Laden (auf dem Foto beide Fenster rechts neben
der Treppe) wurde von seiner Ehefrau Anna, geborene
Bourgeois, geführt, während Franz
mit seinen Gesellen die Schmiede weiter betrieb.
1932 wurde das Warenangebot auf Drogerieartikel
erweitert. Die Töchter Anni und Mathilde
(siehe Foto) hatten im Geschäft, mit dreijähriger
Berufsschule, Verkäuferin gelernt. Wie
Anni Schuler in ihren „Erinnerungen“
erzählt, wohnten im unteren Dorf fast nur
Arbeiter. Das Geschäft ging sehr gut. Als
Hargarten nach dem ersten Weltkrieg zum Saargebiet
gehörte, kamen die Rissenthaler Frauen
nach Hargarten über die Grenze zum Einkaufen.
Anni erzählt weiter, dass diese Frauen
sehr erfindungsreich gewesen seien. In der Küche
des Wohnhauses Vetter stopften sie ihre Waren
in Taschen, die sie in Unterröcke genäht
hätten. Mit diesen breiten Röcken
gingen sie über die Grenze. Die Zollbeamten
durften die Frauen nicht kontrollieren und Zollbeamtinnen
waren keine da.
Übergabe des Geschäftes
Im
Oktober 1965 übergab Franz Vetter das Geschäft
an seine Schwiegertochter Hannelore Vetter.
Anfang der sechziger Jahre wurde neben dem bestehenden
Wohn-/Geschäftshaus angebaut. In dem Anbau
wurde dann das neue Geschäft eingerichtet.
Es war ein moderner Laden mit Selbstbedienung.
Die Kunden kamen aus dem Ober- und Unterdorf.
Kaufen konnte man außer Lebensmitteln
auch Drogerierartikel, Textilien, Kurzwaren
und sonstige Bedarfsgegenstände des täglichen
Bedarfs.
Es handelte sich um ein "SPAR-Geschäft".
Die Waren wurden von der Firma Flasche aus Saarlouis
geliefert. Fleisch- und Wurstwaren kamen von
der Metzgerei Schmitz aus Reimsbach,
Brot- und Backwaren lieferte die Bäckerei
Fick aus Rissenthal. Der Laden wurde von Hannelore
Vetter alleine geführt. Gelegentlich half
Marianne Marck aus Hargarten samstags aus.
Das Gemischtwarengeschäft Vetter wurde
am 31.12.1978 abgemeldet.
Quellen: Gewerbeunterlagen -
„Erinnerungen“ Anni Schuler geb.
Vetter – Zeitzeugen
Fotos: Privat
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